boschraue

Ein prachtvoller Band von Callwey liegt mir hier vor, vielen Dank an den Verlag für dieses Rezensionsexemplar.
Laut Klappentext ist es das erste Weinbuch über Deutschen Wein und die dazu passenden Gerichte, entsprechend hoch ist die Erwartung daran.
Zwei große Namen zeichnen für das Werk verantwortlich, Paula Bosch und Tim Raue.
Paula Bosch war von 1991 bis 2011 im Münchner „Tantris“ Herrin über 50000 wertvolle und exklusive Flaschen. 2013 wurde sie mit dem  5 Star Award als „One of the finest sommeliers worldwide“ ausgezeichnet, nur eine von vielen Ehrungen.

Paula Bosch schreibt für die „Süddeutsche Zeitung“ eine Kolumne, bekannt ist auch ihr Werk „Weingenuss“, falls Sie noch ein Exemplar ergattern können, gratuliere ich Ihnen. Sie hat ein unglaubliches Gespür für Aroma, Ihre Zunge scheint gewissermaßen auf Moleküle zu reagieren, so jedenfalls mein Eindruck wenn ich Ihre Beschreibungen lese.
Tim Raue ist nicht nur ein hervorragender Sterne-Koch, sondern in seinem Schaffen auch sehr kreativ und innovativ. Inzwischen ist Raue auch international erfolgreich, bald in Kooperation mit einem bekannten Kreuzfahrt-Unternehmen. Perfektionismus gepaart mit mutigen Kreationen, so könnte man vielleicht sein kulinarisches Wesen beschreiben. Seine Interpretation der hier aufgeführten traditionellen Rezepturen ist einfallsreich und spannend.

Eingeführt wird der Leser mit zwei lesenswerten Vorworten, es folgt dann der Teil über die Weine.
Unzählige Verkostungen, persönlicher Kontakt mit den Winzern und langjährige Erfahrungen, das waren die Kriterien mit denen Paula Bosch ihre Auswahl getroffen hat. Ein Großteil der vorgestellten Gewächse stammt von Winzern des VDP (Verband der deutschen Prädikatsweingüter), das ist aber nicht unbedingt das Konzept, sondern entspringt der persönlichen Geschichte von Paula Bosch, die eben diese Winzer jahrelang begleitet hat und deswegen auch viel über sie zu erzählen weiß. Ihr Stil ist metaphorisch, amüsant, detailreich, erfrischend, spezifisch, kraftvoll, phantasiereich, poetisch, jedes Wort ist ein Pinselstrich auf die Aroma-Leinwand, am Ende ensteht ein wunderbares Bild.

Im Duft schwarze Beeren wie Cassis, Holunder, Heidelbeeren und dann Herzkirschen. Das Blüten- und Gewürzaroma, Nelken, schwarzer Pfeffer, Lorbeer ist inzwischen reduziert. Ein Aromen-Potpourri schon allein in der Nase, dann sich fortführend im Geschmack, der schon mit dem ersten Schluck überzeugt, und das trotz dieser sprühenden Jugend und der dominanten Früchte. Die sahnige, samtweiche Tannintextur lässt an Zauberei denken, denn der Wein lag 22 Monate im brandneuen Eichenfass. So viel Schmelz danach ist nahezu unmöglich. Und dennoch, dieser Wein umarmte mich von der ersten Minute an, war ein genussvolles, vielschichtiges Trinkvergnügen, welches erst mit dem leeren Glas endete. Bei der letzten Probe, bei der er noch eine Spur gereifter ist, hat sich nicht sehr viel verändert, er ist vielleicht noch etwas dichter, noch seidiger.

Die Sommelière berücksichtigt alle Aspekte die zu einer Verkostung gehören. Aroma in der Nase, Geschmack auf der Zunge, die zeitliche Abfolge der Wahrnehmung, besser geht es nicht. Ich verrate Ihnen nicht um welchen Wein es sich handelt, das wäre ja sonst „Spoiler-Alarm“.

Zu jedem Anbaugebiet gibt es eine fachliche Beurteilung von Paula Bosch, welche Rebe, welche Böden, historisches und landschaftliches, oft auch eine Einschätzung der kommenden Entwicklungen, sehr gut recherchiert.

Nach einem Kapitel über die Rebsorten mit der Beschreibung der Aromen folgt der Teil mit den Rezepten. Zu Beginn eines jeden Rezeptes beleuchtet Tim Raue kurz die Entstehungsgeschichte und die Idee dahinter. Er macht das ohne jede Prätention, ganz locker und sehr unterhaltsam. Vielleicht kann man einen Großteil der Rezepte als Rustikal bezeichnen, die Auslegung Raues macht daraus ein neues Erlebnis. Zum Beispiel:

  • Pilze, Spinat & Blauschimmelkäse
  • Bratwurst
  • Dorsch & Schmorgurken
  • Falscher Hase
  • Dornfelder Hasenragout
  • Traminerhuhn
  • Maultaschen
  • Spargel
  • Rehpastete
  • Weinbergpfirsich

 

Zu den Rezepten gibt es immer „Paulas Tipp“, nochmals mit einem wunderbar wortreichen Degustationsbericht.

Die Rezepte entstanden in Zusammenarbeit von Tim Raue mit Michael Jaeger, Küchenchef des „La Soupe Populaire“, Jürgen Lehmann fotografiert die Gerichte.

Dieses Buch ist ein echter Gewinn, ein rundum gelungenes Werk. Fabelhaft geschrieben von Paula Bosch, meisterhafte Rezepte von Tim Raue.
Nochmal der Klappentext:
Für Weinlaien, Weinkenner, Weinmuffel, Weinfans und Menschen die gerne kochen.
Dem kann ich nur zustimmen!

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über den Autor

Mathias

Mathias Guthmann schreibt unter anderem für kulinarische Zeitschriften und den Schachsport. Seine Essays, Reiseberichte und Kurzgeschichten haben eine hohe Reichweite und werden in verschiedensten Fachmagazinen, auch international, publiziert. In der freien Wirtschaft berät der Autor eine Firma zu PR-Strategien.

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