Fréderic Bau und Pierre Lingelser bei der Degustation

Fréderic Bau und Pierre Lingelser bei der Degustation

 

Beim Finale zum Patissier des Jahres hatte ich die Möglichkeit ein paar Worte mit dem großen Patissier Pierre Lingelser zu wechseln, er führt den Vorsitz bei der stets hochkarätig besetzten Jury dieses wichtigen Wettbewerbs.

Man kennt  Pierre Lingelser noch als Chefpatissier der Traube Tonbach, inzwischen hat sich der Meister aber zu neuen Ufern aufgemacht. Sein Name war für viele Jahrzehnte unmittelbar mit dem von Harald Wohlfahrt verbunden, die beiden bildeten ein kongeniales Duo, das in der Welt der süßen Künste und der Kulinarik neue Maßstäbe setzte.

Lingelser schreibt im Schwarzälder Bote:

Als Veteran meiner Zunft sehe ich rückblickend vor allem die enorme Entwicklung, welche die Patisserie in den vergangenen 20 Jahren durchlebt hat: Von einer einst kleinen Ecke nahe des Gardemangers bis heute, wo die Patisserie wie bei uns einen eigenen, voll ausgestatteten Bereich für sich hat. Ähnlich verhält es sich glücklicherweise mit den Akteuren und ihrer Wahrnehmung in der Öffentlichkeit“, erklärt der 57-Jährige. „Ein guter Patissier ist heutzutage als Fachmann gefragt und unverzichtbar im Küchenkader jedes gehobenen Restaurants.

Lingelser sagt zum Finale des Wettbewerbs:

Der Wettbewerb war zwar gut, aber teilweise fehlte ein wenig das Niveau. Von 1-10 war alles dabei.
Man versucht, die Desserts mit weniger Zucker herzustellen, dafür nimmt man zur Zeit einfach zu viel Salz. Es kann nicht die Lösung sein, den Zucker zu reduzieren und dafür so viel Salz zu nehmen. Manche Teller waren eher ein Prédessert, es fehlte nur noch der Käse.

Andere Kreationen wiederum waren zu süß.

Oft wurde die Hauptzutat nicht richtig herausgestellt, es fehlte das Aroma. Die Teilnehmer wollen viel zeigen, darüber geht dann einiges verloren.

Man will originell sein, oder kreativ, das ist aber manchmal falsch. Besser bleibt man auf den Grundprodukten. Die Hälfte der Note wird für den Geschmack vergeben, wenn der nicht stimmt, ist der Wettbewerb für den Teilnehmer schon gelaufen.

Das ist eine falsche Strategie, es gilt:

Zuerst der Geschmack, das andere darf dann später kommen, das steht aber in der zweiten Reihe, das sind die Details.

Ein Beispiel waren die Pflichtzutaten Olivenöl, Quitte und Schokolade. Manche Teller sahen wunderbar aus, es fehlte aber die Schokolade, gerade in den Texturen, dabei kann man da mit differenzierter Verarbeitung einiges machen. Mit dem Olivenöl kann man ja zubereiten was man will, zum Beispiel einen Sud oder eine Vinaigrette.

Die Quitten waren teilweise schlecht ausgesucht und hatten keinen Geschmack, dabei ist es relativ einfach ein regionales Produkt zu finden, das wirklich Aroma hat.

Es gab junge Leute, die am Wettbewerb teilgenommen haben, denen fehlte die Erfahrung, in Frankreich hat man in diesem Alter oft schon eine höhere Position im Betrieb.
Vielleicht fehlte hier eine bessere Beratung.

Der Freestyle Teil des Wettbewerbs war voller Überraschungen.
In Frankreich ist auch die Art des Anrichtens anders, klassischer! Ich habe nichts dagegen, wenn die Patissiers im Freestyle alles geben und kreativ sind. Werden allerdings nur die Pulver verwendet, ist alles falsch!

Viel lieber habe ich eine ausgezeichnete Frucht auf dem Teller, in einer kleinen Marinade vielleicht, aber von hervorragender Qualität. Einige Teller waren sehr gut, andere wiederum wurden technisch nicht gemeistert.

Insgesamt zu viel Salz und zu viel Pulver.

Patissier des Jahres

  1. Sebastian Kraus / Yannick Noack, Restaurant PURS**
  2. Matthias Fehr / Remo Hug, Swiss Pastry Design, Bern (CH)
  3. Roman Schäfer / Tabea Ulrich
    Restaurant Speisemeisterei Bayer und Scholz GmbH* (Stuttgart)

über den Autor

Mathias

Mathias Guthmann schreibt unter anderem für kulinarische Zeitschriften und den Schachsport. Seine Essays, Reiseberichte und Kurzgeschichten haben eine hohe Reichweite und werden in verschiedensten Fachmagazinen, auch international, publiziert. In der freien Wirtschaft berät der Autor eine Firma zu PR-Strategien.

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