Die Küche im Nordosten Brasiliens ist afrikanisch geprägt, besonders in Salvador da Bahia, bis in das 19. Jahrhundert war dort das Zentrum des Sklavenhandels.
Außer zahlreichen Gottheiten (Orixás) brachten die Sklaven auch ihre kulinarischen Vorlieben mit.
Die Gerichte haben so wohlklingende Namen wie Moqueca de Peixe (eine Art Fisch-Eintopf), Bobó de Camarão (ein Shrimp-Gericht), Casquinha de Siri (mit Flußkrebsen), Vatapá (mit Fisch, Shrimps und Kokosmilch), Acarajé (Teig aus geschälten Bohnen, Streetfood).
Die köstlichen Speisen leben durch hocharomatische Gewürze und den landestypischen Zutaten. Ganz wichtig ist Dendê, ein orangefarbenes Palmöl mit einem unverwechselbaren Aroma. Kokosmilch und eine kräftige Prise Pimenta Malagueta (eine Chili-Sorte) bereichern die Aroma-Leinwand.
Gemahlene Erdnüsse oder Cashews verleihen den Gerichten eine ganz besondere Note.
Kokos, Dendê-Öl, Erdnüsse, Fisch und Krustentiere, herrlich kontrastreich und doch so harmonisch.
Einige Rezepte aus Salvador sind sehr komplex, dieses Xinxim ist aber machbar! Xinxim ist eine Fusion aus dem afrikanischen Erbe, der portugiesischen Kolonialisierung und indianischen Einflüssen.
Das Gericht spielt auch im Candomblé eine wichtige Rolle, dort opfert man es dem Orixá Akeran zu bestimmten Festlichkeiten.
Reis passt perfekt dazu, gerne wird in Brasilien auch geröstetes Maniokmehl gereicht, manchmal mit etwas Butter geröstet oder mit ein paar Oliven aufgepeppt. Meine Getränkeempfehlung: Eiskaltes Bier, oder Kokos-Wasser, direkt aus der frisch geschälten Frucht (ok, letzteres ist hier nicht zu bekommen, aber vielleicht segelt Ihr ja mal in der Karibik oder vor der brasilianischen Küste).
Noch ein paar Tipps:
- ich verwende 1 Tasse Dendê, das Öl ist aber sehr intensiv im Geschmack, wenn es Euch zu stark schmeckt, nehmt einfach weniger! Gebt es löffelweise hinzu, bis Ihr mit dem Ergebnis zufrieden seid. Eine Mischung aus Olivenöl und Dendê hat sich bei mir sehr gut bewährt, damit kann man das Aroma prima steuern.
- Hühnchen
Es ist immer schwierig ein gutes Huhn zu finden das einigermaßen würdevoll leben durfte, Freilandhaltung ist am besten, auch das Maishuhn zeichnet sich durch feinen Geschmack aus.
Wenn Ihr Schlegel verwendet, empfehle ich die Haut abzuziehen.
Warum? Ganz einfach: Bei einem gegrillten oder gebackenem Huhn wird das Fett durch die hohe Hitze reduziert, auf dem Teller liegt dann das knusprige Stück von der Poularde. Beim Xinxim wird das Geflügel aber geschmort, weniger oder keine Haut gleich weniger Fett, gleich leichteres Gericht!
- Die Hühnerbrust schmort am Anfang und dann wieder am Ende mit, dazwischen nehmen wir das weiße Fleisch heraus so bleibt es schön saftig. Die parierten und enthäuteten Schlegel feiern dagegen die ganze Zeit Party im Kochtopf, sie werden dann butterzart und nehmen alle Aromen an.
- Dried Shrimp
Getrocknete Garnelen sind aus Salvador da Bahia nicht wegzudenken, sie werden gemahlen, gemörsert oder im Ganzen hinzugefügt. Wenn Ihr sie nicht zur Hand habt gibt es einen Trick: Schneidet in den Sud einfach kleine Garnelenstücke mit rein, die schmoren dann fröhlich vor sich hin und hinterlassen zum Dank ihr herrliches Aroma, sozusagen ein Gruß von Yemanjá. - Erdnüsse, Cashews
Häuslich zerkleinere ich die Nüsse mit dem Blitzhacker, an Bord wird improvisiert. Vielleicht ein Mörser? Oder man gibt die Nüsse in ein Geschirrtuch, um sie dann mit der schweren Muschel, von einem der gefährlichen Tauchgänge zu bearbeiten.
Ich empfehle dem Koch sich mit dieser Hymne auf die wunderbare Stadt Salvador da Bahia einzustimmen, vielleicht einen kleinen Caipi dazu? Damit Ihr versteht, was denn da gesungen wird, habe ich den Liedtext geschwind übersetzt.
Bahia de todos os Deuses
/Bahia von allen Göttern
Bahia, os meus olhos estão brilhando,
/Bahia, meine Augen glänzen
Meu coração palpitando
De tanta felicidade.
/vor lauter Glück schlägt mein Herz ganz schnell
És a rainha da beleza universal,
Minha querida Bahia,
Muito antes do Império
Foste a primeira capital.
/du bist die Königin der universalen Schönheit
mein geliebtes Bahia
lange vor dem Kaiserreich warst du die Hauptstadt
Preto Velho Benedito já dizia
/alt, Schwarz, gesegnet so sagt man
Felicidade também mora na Bahia,
/auch das Glück wohnt in Bahia
Tua história, tua glória
Teu nome é tradição,
Bahia do velho Mercado
/deine Geschichte, deine Glorie
dein Name ist Tradition
Bahia vom alten Markt
Subida da Conceição.
/die Treppe hoch zur Conceição
És tão rica em minerais,
Tens cacau, tens carnaúba,
/so viele Edelsteine, Kakao
auch carnaúba (Palmen-Art)
Famoso jacarandá,
das berühmte Jacarandá-Holz
Terra abençoada pelos deuses,
/du bist von den Göttern gesegnet
E o petróleo a jorrar
sogar Öl sprudelt aus deinen Quellen
Nega baiana,
schwarze Schönheit aus Bahia
Tabuleiro de quindim,
ein Tisch voller quindim (Kokos-Süßspeise)
Todo dia ela está
Na igreja do Bonfim, oi
der steht immer vor der Kirche vom Bonfim
Na ladeira tem, tem capoeira,
am Hügel gibt es Capoeira
Zum, zum, zum,
Zum, zum, zum,
Capoeira mata um !
Capoeira bringt mich um (positiv gemeint)
Zubereitungszeit: 1,5h
Zutaten für 6 Personen
- 800 G frische Hühnerbrust, am besten vom Maishuhn
- 4 Hühnerschlegel
- 1 Bund Frühlingszwiebeln (falls nicht an Bord vorhanden, gehen auch herkömmliche Zwiebeln)
- 3 Chili-Schoten
- 5 frische Knoblauchzehen
- 2 EL Limonen-oder Zitronensaft
- 4 mittlere Tomaten, geschält und gewürfel
- 1 Tasse Dendê oder Palmöl (da gibt es auch Bio-Produkte)
- 1 EL Olivenöl zum Anbraten (ich mische das mit Dendê)
- Olivenöl nach Geschmack für die Marinade
- 100 G Erdnüsse, geröstet (ohne Waage: 2 Hand voll)
- 100 G Cashew, geröstet (ohne Waage: 2 Hand voll)
- 1 Bund frischer Koriander (oder Petersilie, das geht genau so gut, Koreander polarisiert ja auch oft)
- 100 G Dried Shrimp – eine Hand voll-(auch das darf der Smut weglassen wenn es nicht aufzutreiben ist)
- Frischer Ingwer, die Hälfte einer mittleren Knolle, gerieben oder in winzige Stücke geschnitten
- 2 Dosen Kokosmilch (normalerweise sind da 400 G drin)
- 800 G Riesengarnelen (gute TK Ware oder natürlich frisch, so etwas müsste doch möglich sein)
Ohne Waage würde ich sagen: mindestens 24 schöne große Garnelen, eher mehr, für die hungrigen Seeleute. - Salz
Zubereitung:
- Für das Huhn:
Schlegel von Haut und Sehen befreien, die Keule am Gelenk brechen und jeweils in 2 Stücke schneiden. Dann die Brust in gleichmäßige Stücke schneiden, es sei dem Smut überlassen wie er das macht.
Ist er sparsam oder gar geizig, so wie Lt. Comdr. Philip Francis Queeg auf der Caine, dann nimmt er kleinere Stücke. Ist er eher großzügig, vielleicht so wie Long John Silver auf der Hispaniola, dann kann er der Mannschaft die volle Breitseite geben und schneidet größere Stücke.
- Für die Marinade eine der Knoblauchzehen zerdrücken, mit dem Saft von einer Limone, etwas Dendê und Olivenöl mischen, ein wenig salzen.
- Hühnerstücke in die Marinade geben und von allen Seiten gut damit einreiben. Lange muss das Geflügel nicht darin verweilen, es will ja nur mit der Limone, dem Knoblauch und dem Dendê Bekanntschaft schließen, daraus wird dann der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
- Frühlingszwiebeln (oder Zwiebeln) und Knoblauch klein schneiden.
Im größten Topf den die Kombüse (bei Euch ist das wohl eher ein Pantry) hergibt, 2 EL Dendê-Öl und 1 EL Olivenöl auslassen und erhitzen. Die Zwiebeln und den Knoblauch zusammen mit dem Dendê schmoren. Koriander und/oder Petersilie klein schneiden, hinzufügen und alles schön umrühren. Rühren ist übrigens ein gutes Stichwort, das muss man immer wieder liebevoll machen.
- 8 Garnelen schälen, kleinschneiden und in den lustig köchelnden Sud geben.
- Nun Brust und Schlegel dazu geben und von allen Seiten munter anbraten. Wenn die Brust Farbe bekommen hat, herausnehmen und zur Seite stellen. Vorsicht mit dem Schiffshund, der hat jetzt schon längst Lunte gerochen und ist nur mit eiserner Strenge aus der Kombüse zu vertreiben. Kleiner Tipp: Geflügel vor dem Schmoren leicht mit Mehl bestäuben, das führt am Ende zu einer cremigeren Konsistenz. Schlegel bei niedriger bis mittlerer Temperatur ca. 40 Minuten leise köcheln lassen. Etwas Kokosmilch darf auch gleich mit rein. Mit Dendê abschmecken.
- Tomaten schälen, filetieren und hinzufügen
- Nun wird es Zeit etwas Malagueta (Chili) dazu zu geben, der Skipper sollte sich mit der Mannschaft absprechen, aber normalerweise haut ja so einen Seemann nichts um. 3 scharfe Schoten sollten reichen. Längs schneiden, die Kerne entfernen, dann würfeln und ab damit.
Kleiner Tipp: Man kann die Schärfe etwas durch die Zeit beeinflussen, um so länger die Chilies mitköcheln um so schärfer wird es am Ende. - Garnelen
In der Zwischenzeit die restlichen Garnelen schälen und den Darm entnehmen. In der Pfanne wieder eine Mischung aus Olivenöl und Dendê erhitzen (oder auch nur Olivenöl), etwas Knoblauch passt auch noch in die gleiche Pfanne. Garnelen ca. 3-4 Minuten von allen Seiten braten, so dass sie noch etwas glasig bleiben, zur Seite stellen. Sie werden am Ende dazu gereicht.
Nota Bene:
Spätestens jetzt sollten Sie prüfen, ob der Steuermann auf der Brücke noch konzentriert ist. Unkontrolliert entweichende Xinxim-Dämpfe sind sowohl für die internationale Kreuzfahrt, als auch für den ambitionierten Segelsport immer noch eine große Gefahr. Traurige Beispiele gibt es genug:
14 April 1912, gegen 21:40 Uhr.
300 Seemeilen südöstlich von Neufundland gleitet die Titanic in sternklarer Nacht majestätisch durch die spiegelglatte See. An Bord ist auch der brasilianische Kautschuk-Baron Antonio César Souza de Andrades-Limões, ein großer Feinschmecker. In seiner Privat-Suite verlangt er nach Xinxim mit einer Extraportion Malagueta. Etwas später bringt der Leibkoch die Bestellung, wie immer sind die Portionen sehr großzügig bemessen. Der exzentrische Magnat beschließt aus einer Laune heraus, die verbleibenden Reste auf die Brücke zu schicken, die Offiziere sollen auch etwas davon haben. Kurze Zeit danach steuert das stolze Schiff geradewegs in jene Katastrophe, die sich der Menschheit bis heute in das Gedächtnis gebrannt hat.
- Ingwer reiben oder ganz klein schneiden, hinzufügen, vergessen Sie nicht, immer wieder abzuschmecken.
- Optional: Hälfte der Dried Shrimp hinzufügen (gemahlen)
- Erdnüsse und Cashews irgendwie klein kriegen und jeweils die Hälfte hinzufügen. Schön umrühren.
- Kokosmilch
1 Dose hat üblicherweise 400 ML Inhalt. Zunächst den Inhalt einer Dose Kokosmilch hinzufügen, gegen Ende dann den die andere Dose. Jeder soll genug Sauce haben, um das Hühnchen, den Reis und die Shrimps reichlich damit zu versorgen. - Hühnerbrust zurück in den Topf geben, umrühren. Temperatur auf kleinste Stufe und das Huhn noch einmal für 10-15 Minuten garen lassen.
- Restliche Kokosmilch, die gemahlenen Nüsse und die restliche, kleingeschnittene Petersilie (oder Koriander) hinein geben.
- Sofort mit dem Reis servieren.
Hier gibt es das Xinxim ohne Schnickschnack als
und hier sind die teilnehmenden Blogger*innen und Ihre Gerichte:
8. April: Den Einstieg in “Foodies for Sailors” macht Markus, auch bekannt als Der Backbube. Er kredenzt uns “Dreierlei Fladenbrot aus der Pfanne”! Das klingt schon mal sehr vielversprechend, oder?
9. April: Weiter geht es bei Anna. Auf ihrem Blog Anna im Backwahn findet ihr das Rezept zu einem leckeren Mediterranen Nudelsalat.
10. April: Annkathrin von Kochblog-Action zeigt uns, wie man an Bord einen vernünftigen Reistopf auf die Beine stellt.
11. April: Jetzt wird es exotisch. Mathias zaubert ein Gericht Namens Xinxim de Galinha. Was das Leckeres ist, erfahrt ihr auf Grandgourmand. Soviel sei verraten: Mathias hat brasilianische Wurzeln.
15. April: Constanze von Das wunderbare Leben gibt uns gleich mehrere Variationen ihres Gerichts an die Hand. Ob deftig oder süß, vegetarisch oder nicht, als Hauptgericht oder Nachspeise, am besten beides, Du hast es in der Hand. Mit ihrem Gericht “Gefüllte Pfannkuchen – ganz nach deinem Geschmack” kann nix anbrennen.
16. April: Bei Lenas Foodblog LenasFoodForFriends erfahrt ihr, wie ihr euch an Bord einen leckeren Reissalat mit Crostini aus dem Ärmel schüttelt. Ich bin sehr gespannt.
17. April: Spannend wird es auch bei Kerstin. Was es mit ihrem Gericht “Astronautenfutter” auf sich hat, wird auf My Cooking Love Affair verraten. Bis dahin dürfen wir gespannt sein.
18. April: Bei Juliane weht auf Schöner Tag noch italienischer Wind. Sie kreiert uns eine One Pot Pasta. Das verspricht ein Fest zu werden.
19. April: Den krönenden Abschluss unserer Parade “Foodies for Sailors” macht Mara von Life is full of Goodies. Sie zeigt uns wie man einen traumhaften French Toast zaubert, den man zu jeder Tages- und Nachtzeit genießen kann.
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Sieht sehr, sehr gut aus. Die Zubereitungszeit von 1,5 Stunden schreckt mich aber ein wenig ab, das an Bord nachzukochen. Wobei ich bei einer chilligen Badetörnwoche da bestimmt mal meine Crew einmal spontan verwöhnen werde.
Danke für die Inspiration!
LG Markus
Wenn du nur die Brust vom Huhn nimmst, geht das natürlich schneller. Die Kochzeit ist den Schlegeln geschuldet, die sollen ja zart werden.
[…] Nudelsalat von Anna oder der Reistopf von Annkathrin läd zum entspannten Nachkochen ein. Das brasilianische Gericht mit unausprechlichem Namen ist schon eine ganz andere Hausnummer, welche ich mir lieber zuhause in […]
Danke für das Rezept! Eine Frage hätte ich: Woher haben Sie denn diese interessante Anekdote mit der Titanic? Leider konnte ich im Netz nichts näheres dazu finden. Überzeugend ist die Geschichte allemal – Xinxim ist wirklich unglaublich lecker … Saravah!
ist Seemannsgarn die Geschichte. Frei erfunden…