
Ein Mosaik der Aromen

K“Italien ohne Sizilien macht gar kein Bild in der Seele,
hier ist erst der Schlüssel zu allem.Vom Klima kann man nicht Gutes genug sagen; jetzt ist’s Regenzeit, aber immer unterbrochen; heute donnert und blitzt es, und alles wird mit Macht grün.
Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise, Band 1 Palermo, den 13. April 1787
Der Lein hat schon zum Teil Knoten gewonnen, der andere Teil blüht. Man glaubt in den Gründen kleine Teiche zu sehen, so schön blaugrün liegen die Leinfelder unten.
Der reizenden Gegenstände sind unzählige!”
aum in Palermo gelandet, betritt der Reisende erstaunt eine pulsierende Mittelmeermetropole, die ihn mit ihren Farben, ihren Gerüchen und ihrer unablässigen Bewegung in den Bann zieht.
Er taucht in einen Schmelztiegel der Kulturen mit einer wechselvollen Geschichte ein.
Lässt er dieses Wirrwarr an Gassen und Plätzen hinter sich, so erscheinen bald kleine, in den Felsen verborgene Ortschaften, bizarre Berglandschaften und weite Ebenen.
Sizilien ist ein geheimnisvolles kleines Universum, das er entdecken will.
Gegründet von den Phöniziern, tummelten sich im Laufe der Zeit dort viele Dynastien, Herrscher und Volksgruppen.
Eine kulturelle Blütezeit erlebte die Stadt unter den Normannen.
Hautnah zu erleben ist das in der Kathedrale von Monreale, etwas oberhalb der Stadt – sublime Architektur und Kunst!
Etwa 600.000 Menschen leben in der Hauptstadt – ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist der Hafen. Daneben spielen Landwirtschaft und Tourismus eine wichtige Rolle. Und der Weinbau!

Eine Pressereise mit internationaler Beteiligung
Ich komme nicht umhin, noch einmal Goethes Italienreise zu erwähnen.
Um seine Fahrt finanziell abzusichern, verhandelte der große Dichter noch vor seiner Abreise aus Karlsbad mit dem Verleger Göschen in Leipzig, der seine erste Werkausgabe herausbringen sollte. Zur Debatte stand ein Honorar in Höhe von 2000 Talern – man wurde sich einig.
Nachdem Herzog Carl August Ende 1786 Goethe die Ministerbezüge großzügig weiter gewährte, war die Ausstattung mit Geldmitteln endgültig gesichert; dem Abenteuer stand nichts mehr im Wege.
Ich werde vom Sicilia DOC Consorzio di Tutela Vini eingeladen – Goethe hin oder her.
In diesem Essay male ich für Sie ein Bild des Weinbaus auf Sizilien.
Mit den Farben, Aromen und Nuancen, die von Agrigent bis Catania, von Palermo bis Trapani oder in Vittoria auf der Leinwand dieser Insel hell erleuchten.
Ein Bild gemalt aus Wind, Sonne, Regen, den Bergen und den Menschen, die Tag für Tag daran arbeiten, ihre Weine ehrlich, mit Raffinesse, mit Eleganz und Können zu vinifizieren.

Was ist das Sicilia DOC Consorzio di Tutela Vini?
Die kontrollierte Ursprungsbezeichnung Sicilia DOC wurde 2011 eingeführt. 2012 gründeten rund 3.000 Weinbauern, Weinbereiter und Abfüller das „Consorzio di Tutela Vini DOC Sicilia“, das vom Landwirtschaftsministerium offiziell anerkannt ist. Das Konsortium schützt und fördert die Marke Sicilia DOC, kontrolliert die Einhaltung der Produktionsrichtlinien, informiert Verbraucher und plant die Markteinführung der Weine, um die Entwicklung des sizilianischen Weinbaus zu stärken.
2014 wurde der Verband durch ein Ministerialdekret anerkannt, um Aufgaben des Schutzes, der Förderung, der Aufwertung und der Verbraucherinformation wahrzunehmen sowie „erga omnes“ – Funktionen auszuüben.
Zahlen und Fakten (Stand 2024)
- 20.595 Hektar Anbaufläche
- 7264 Weinbaubetriebe
- 500 Abfüller
- ca. 82 Millionen Flaschen abgefüllt
Die sizilianischen Rebflächen gehören mit knapp 97.000 Hektar zu den größten in Italien. Drei mal so groß wie beispielsweise die bewirtschafteten Flächen in Neuseeland und nur etwas kleiner, als die gesamten Weinanbau-Gebiete in Deutschland.

Sizilien – Vielfalt der Landschaften
Die Insel hat die Form eines Dreiecks, dessen Seiten in das Tyrrhenische Meer im Norden, den Sizilianischen Kanal im Süden und das Ionische Meer im Osten ragen. Eine hügelige Insel, im Norden gebirgig und an den Küsten von Ebenen durchzogen. Zur Region gehören auch zahlreiche kleinere Inseln, darunter die Äolischen Inseln, Ustica, die Ägadischen Inseln, Pantelleria sowie die Pelagien mit Lampedusa und Linosa.
Im Nordosten erheben sich die sizilianischen Apenninen mit den Peloritani-, Nebrodi- und Madonie-Bergen, wo mit dem Pizzo Carbonara (1.979 m) der höchste Gipfel der Insel nach dem Ätna liegt. Der Ätna liegt im Nordosten und ist mit 3.350 Metern einer der größten aktiven Vulkane der Welt.
Das Klima ist typisch mediterran: heiße Sommer, milde und regenreiche Winter.
Karte der Weinbaugebiete Siziliens

Das Programm
… ist sehr gut kuratiert. Ein Symposion von SOStain, einer Organisation, die sich explizit mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt wird in einem gesonderten Artikel behandelt, es würde den Rahmen sprengen. So viel sei aber gesagt: SOStain nimmt die an sich selbst gestellten Aufgaben einer nachhaltigen Landwirtschaft sehr ernst.
Masterclasses, Weingut-Besuche, kulinarische Highlights, kulturelle Schönheiten.
Ah, und nicht zu vergessen Kollegen aus aller Welt, eine große Gruppe ausgezeichneter Journalisten und Journalistinnen, wissbegierig, erfahren, gespannt, dazu gute Gespräche – das Salz in der Suppe interessanter Pressereisen.



Masterclass I
Die Masterclasses finden im Palazzo Branciforte statt. Aristokratische Kulisse.
Um die Mitte des 17. Jahrhunderts begannen die Erben des Grafen von Raccuja mit der Erweiterung der Residenz und erhielten vom Senat von Palermo die Erlaubnis, eine vormals öffentliche Straße architektonisch einzubeziehen, auch heute noch klar zu erkennen. So etwas funktioniert nur mit Geld, Macht und Einfluss.
Zu Beginn des folgenden Jahrhunderts, nach Arbeiten, die die Größe des Anwesens fast verdoppelten, war der alte Palazzo Raccuja – auch bekannt als Pietraperzia oder Butera – zu einer der opulentesten Adelsresidenzen der Stadt geworden.
Was für ein prachtvolles Gebäude! Ein würdiger Rahmen für die anstehenden Veranstaltungen.
Beschaffenheit der Böden
Sizilien ist die größte Insel im Mittelmeer und die südlichste Region Italiens. Sie umfasst eine Fläche von 9.444 Quadratmeilen, mehr als 25.000 Quadratkilometer.
Dank ihrer Größe, ihrer geografischen Lage und ihrer reichen und langen historischen Entwicklung verfügt Sizilien über eine komplexe und vielfältige Morphologie und Kultur.
Bunt gemischte Böden, ein wahres Paradies für Weinliebhaber, Terroir ist – wie so häufig – das Zauberwort.
Autochtone Rebsorten bilden das Rückgrat des Weinbaus. Robuste Gewächse, die dem anspruchsvollen Klima gewachsen sind, im wahrsten Sinne.
In den Bergen weht oft ein rauer Wind, heiße, regenarme Sommer verlangen den Winzern, den Reben und den Trauben einiges ab.
- Es gibt Böden auf harten magmatischen und metamorphen Grundgesteinen apenninischen Typs in der Gegend um Messina.
- Die weltbekannten Vulkanböden rund um den Ätna.
- Ferner die kalk- und sedimentgeprägten Hügelböden Kalabriens und Siziliens sowie die alluvialen und küstennahen Ebenen, die sich bis nach Palermo, entlang der gesamten Nordküste und tief ins bergige Hinterland ziehen.
- Feinkörnige silizische Kalksedimente und magmatische Gesteine finden sich in der Gegend um Syrakus und Vittoria.
- Von Vittoria über Agrigent bis hoch nach Trapani trifft man auf tonigen Flysch, Kalkstein, Sandstein, Kreide.
- Schließlich noch – rund um Catania – fluviale Schwemmebenen bis zu den Küstenbereichen.


Durch die Masterclass führt Chiara Giovoni. Die international anerkannte Sommelière ist eine Meisterin ihres Fachs. Sie beschreibt die DNA der Weine Siziliens in Perfektion.
Morgens eine Weinprobe? Unwillkürlich denke ich an Ernest Hemingway. Der sagte einmal:
„Wein trinken war weder ein Snobismus noch ein Zeichen von Raffinesse noch ein Kult. Es war so natürlich wie Essen und für mich genauso notwendig…“
Was für Hemingway gilt, muss nicht für mich gelten. Es geht um einen klaren Kopf. Alle präsentierten Weine werden derart degustiert, dass am Ende eine möglichst objektive Kritik steht. Tannine, Aromen, Tiefe, Nachhall etc. Schwere Arbeit.
Von jedem Glas ein kleiner Schluck, ein wenig muss aber durch die Kehle rinnen, um die Tiefe zu spüren.
Wasser, immer Wasser, das ist meine Devise bei diesen Veranstaltungen.

Nero d’Avola
Ein dunkler Wein, geheimnisvoll, voller Tiefe, komplex, intensiv.
Schnell schließt man mit ihm Freundschaft, erforscht das Labyrinth seiner Aromen. Trotz seiner ausgeprägten, manchmal kontrapunktischen Tannine lässt er den fruchtigen Noten viel Raum zum Atmen – insbesondere, wenn ein kluger Winzer die Reben vom Weinberg bis zur Abfüllung in die Flaschen begleitet.
Kirsche, Erdbeere und reifes Obst, Pfeffernoten sowie Anklänge von frischem und würzigem Gemüse – so würde ich einen gelungenen Nero-d’Avola-Akkord beschreiben.
Kraftvolle Modulationen vom heiteren C-Dur bis zum festlichen d-Moll: Der Nero kann sich im Glas als wahres Bravourstück offenbaren.
Je länger man sich mit ihm beschäftigt, desto feiner steigen pointierte Nuancen in die Nase.
Es hat sich viel getan in den letzten zwanzig Jahren. War Sizilien früher vornehmlich für seine günstigen Massenabfüllungen bekannt, so richtet sich heute das Augenmerk auf eine nachhaltige und qualitativ hochwertige Bewirtschaftung im Weinbau.
Sicilia DOC will Weine erzeugen, die man jederzeit öffnen kann: fein, frisch, elegant, mühelos zu trinken. Das Mosaik der Insel in einer Flasche – eine ausgezeichnete Idee.
Grillo
Grillo ist heute Bestandteil zahlreicher DOC-Weine im zentral-westlichen Sizilien. Dank seiner qualitativen Eigenschaften hat sich die Rebsorte in den letzten Jahren auch in weiteren Gebieten der Region etabliert – vor allem in der Provinz Agrigento, in geringerem Umfang auch in Palermo, Caltanissetta und Syrakus.
Der Wein zeigt ein intensives Gelb mit grünlichen Reflexen. In der Nase wirkt er sehr aromatisch, geprägt von typischen Zitrusnoten wie Grapefruit, ergänzt durch würzig-vegetale Anklänge und weiße Blüten. Dazu kommen Nuancen von Passionsfrucht. Am Gaumen präsentiert er sich körperreich, mit gut ausbalancierter Säure- und Alkoholstruktur. Typisch ist außerdem eine ausgeprägte aromatische Länge.
Ein Wein, so leicht und federnd wie eine schöne Sizilianerin auf dem Weg zu einem liebevollen Rendezvous mit ihrem Freund.
Aus kulinarischer Sicht: Wunderbar passt er zu einer frischen Forelle, ein paar Pistazien, etwas Butter, einige Tropfen Olivenöl.
Catarratto / Lucido
In jüngerer Vergangenheit standen die sizilianischen Winzer vor einem Problem: Der Name Catarratto erwies sich außerhalb Italiens als schwer auszusprechen und damit schwer zu vermarkten.
Um Abhilfe zu schaffen, erlaubte das Ministerialdekret vom 21. November 2018, ausschließlich für die Bezeichnung von Weinen aus in Sizilien geernteten Trauben, die Verwendung des Namens „Lucido“ auf dem Etikett.
Dieser Begriff ist keineswegs neu: Er wurde bereits früher als Synonym verwendet, insbesondere für Catarratto Bianco Comune oder Catarratto Bianco Lucido.
Der Catarratto (Lucido) trägt ein strohgelbes Kleid mit grünlichen Reflexen. In der Nase ist er komplex, oft intensiv, geprägt von floralen und fruchtigen Noten, die von Zitrusfrüchten, tropischen Aromen und einer feinen Würze begleitet werden.
Für mich persönlich hat er deutlich mehr Charakter als der Grillo, aber: andere Nasen, andere Noten.
Würde ich – wie ich es so gerne mache – den Grillo und den Lucido musikalisch voneinander abgrenzen, so wäre der Grillo ein schöner Bossa Nova, rhythmisch, leicht, mit sehnsüchtigen Akkorden.
Den Lucido dagegen würde ich in der Riege eines Chopin-Walzers vermuten.
Ein guter Wein.
Im Geschmack präsentiert sich der Catarratto mit gutem Körper und anhaltender Aromatik; die Balance zwischen Säure, Frucht und Struktur ist typisch für die Rebsorte. Je nach Herkunft und Ausbau wirkt er etwas kräftiger oder zeigt eine etwas ausgeprägtere Alkoholnote. Die Editionen, die ich selbst degustiert habe, waren allesamt von ausgezeichneter Qualität.

Eine Reise zum Weingut Alessandro di Camporeale







er Ort Camporeale liegt 46 Kilometer westlich von Palermo und gilt als Hotspot für den Weinbau in der Region. In vierter Generation wird dort das Weingut Alessandro di Camporeale bewirtschaftet. Benedetto Alessandro ist ein enthusiastischer Winzer auf dem familiengeführten Gut, das für seine hochwertigen Bio-Weine bekannt ist – Weine, die Tradition und Moderne souverän verbinden. Ein besonderes Highlight ist die Cuvée „Benedè“, ein frischer Catarratto.
Gemeinsam mit seinen Cousins Benedetto Alessandro, Anna und den Vätern führt er die Familienweintradition fort, die auf über hundert Jahre Erfahrung und die einzigartigen Böden rund um Camporeale zurückgeht.
Fachkundig erläutert uns Benedetto Alessandro die Idee hinter seinen Weinen.
Nachhaltigkeit steht dabei an oberster Stelle.
Glücklicherweise spielt das Klima mit: Zwar sind die Sommertage – wie überall auf Sizilien – sehr heiß, doch die kühlen Nächte geben den Reben die Möglichkeit, sich zu erholen. Die durchschnittliche Lebensdauer einer Weinlage liegt hier bei etwa vierzig Jahren.
Sobald die Reben der Contrada Mandranova nicht mehr den gewünschten Ertrag oder die angestrebte Qualität liefern, werden diese Lagen stillgelegt und dürfen sich regenerieren. Man lässt den Flächen Zeit – ganz im Sinne einer biodynamischen Landwirtschaft.
Sehr gut ist der Benedè Bianco Sicilia DOC, 100 % Catarratto. Der Wein reift im Stahltank, stammt aus Reben verschiedener Höhenlagen und überzeugt durch seine Eleganz.
Sein strahlendes Strohgelb, die dezent bitteren Mandelnoten sowie die fruchtigen Akzente von weißem Pfirsich und Orangen- bzw. Zitrusblüten verleihen diesem lebhaften, frischen Wein einen ungemein angenehmen Charakter.
Klare Empfehlung!
Er passt hervorragend zu einer Dorade, die mit etwas Knoblauch und einem Schuss sizilianischen Zitronensafts mariniert wird – ein Hauch Rosmarin dazu, und die Kreation ist servierbereit.

Masterclass II
Verborgene Schätze: Einheimische Rebsorten jenseits der Klassiker.
…ist das Thema der 2. Masterclass, wieder geleitet von Chiara Giovoni, diesmal an ihrer Seite: Der Önologe Giuseppe Figlioli (Consigliere del CdA del Consorzio di Tutela Vini DOC Sicilia Vice Presidente Assoenologi Sicilia)
Inzolia
Vielleicht ist die Rebe tatsächlich sizilianischen Ursprungs, obwohl Giovan Vettorio Soderini sie um 1590 unter den in der Toskana angebauten Sorten mit der Bezeichnung Ansorie aufführt.
Fabio Giavedoni, einer der bekanntesten Weinkritiker Italiens, und Maurizio Gily, ein ebenso renommierter Weinblogger, bekräftigen 2005, dass Inzolia ihre Wurzeln in Sizilien hat und von dort zunächst nach Sardinien und später auf die Inseln Elba und Giglio gelangte.
Andere Hypothesen betrachten Inzolia als identisch mit der bereits von Plinius erwähnten Irziola und vermuten daher eher einen griechischen Ursprung.
Das genetische Profil scheint diese These zu bestätigen.
Wie dem auch sei – das Aroma dieses Weißweins ist leicht nussig und zart fruchtig. Akzente setzt er mit reifem Pfirsich, Aprikose und Birne; im Bouquet finden sich zudem tropische Noten wie Ananas und Vanille.
Ideal als Aperitif, passt Inzolia hervorragend zu Meeresfrüchten, Krustentieren und allen Fischgerichten, insbesondere zu gegrillten Tintenfischen und frittiertem blauem Fisch.
Ich würde ihn – ganz wie ein Franzose, aufgewachsen in den Ebenen des Bordeaux – als typischen Vin de Soif bezeichnen: ein leichter Wein, mit dem Sie, gut gekühlt, im Sommer gerne Ihren Durst löschen dürfen. Gut ausgebaut, erreicht so manche Flasche ein bemerkenswert gutes Niveau.
Zibibbo
Der Name „Zibibbo“ verweist auf die afrikanische Herkunft dieses Muscat d’Alexandrie und auf eine spezielle Verwendung der Traube, denn zibibh bedeutet im Arabischen „Rosine“. Vielleicht ist er auch ein Hinweis auf den Ort Zibib in Tunesien, unweit von Pantelleria.
Zibibbo ist eine aromatische Weißweinsorte, die mit ihrem intensiven Bouquet von Zitrusfrüchten, Aprikosen und floralen Noten begeistern kann.
Für mich ist sie interessant – nicht mehr und nicht weniger, ohne ihr zu nahe treten zu wollen.
So ist das, wenn man zuvor bereits ausgezeichnete Neros und Catarrattos degustiert hat.
Frappato
Ein Familienwein par excellence.
Ich empfehle an dieser Stelle ein kleines Spiel, das man mit einer guten Flasche überall spielen kann:
Vergleichen Sie – aus dem Gedächtnis – den Wein im Glas mit der Musik, die Sie lieben. Spüren Sie den Rhythmus, hören Sie auf die Melodie, fühlen Sie den Bass, erkennen Sie die Akkorde. Sie werden überrascht sein, das die Botschaft plötzlich vor Ihnen auftaucht, wie ein Raumschiff bei der Landung im Space Center.
Auf einmal blicken Sie in ein bisher unbekanntes Universum, durch das Sie in Lichtgeschwindigkeit von Galaxie zu Galaxie reisen. Das ist fantastisch – ganz unabhängig davon, ob Sie Klassik, Jazz, Pop, Rock oder sonst etwas hören: Es funktioniert!
Ein kleiner technischer Kniff, der mich durch zwanzig Jahre Kulinarik begleitet:
Attack, Plateau, Decay und Sustain.
Was passiert zuerst? Wie verhält sich der Wein am Gaumen? Wie rinnt er durch die Kehle, und welchen Nachhall hinterlässt er?
Noch ein kleiner Literaturtipp: Theodor W. Adorno. In seiner postum publizierten Ästhetischen Theorie geht es um Kunst und ihre gesellschaftlichen Zusammenhänge.
Zurück zum Thema: Kein Weingut lässt es sich nehmen, entweder einen Spumante oder einen Rosé im Portfolio zu führen – am besten einen hellen Rosé Spumante.
Den genießt man im Sommer wie im Winter, am Strand, in der Bar, zu Hause.
Der Frappato glänzt durch Leichtigkeit und Frische – erreicht jedoch meiner Meinung nach, selbst in sehr guten Interpretationen, nie die Tiefe und Struktur eines ordentlich ausgebauten Nero d’Avola. Scusate, cari amici del Frappato!
Besprochen wurde außerdem der Perricone, eine Rebe, die besonders in den Provinzen Palermo und Trapani gepflegt wird.

Baglio di Pianetto


as große Weingut Baglio di Pianetto liegt in einem natürlichen Amphitheater auf etwa 900 Metern Höhe unweit von Piana degli Albanesi, rund 25 Kilometer von Palermo entfernt. Der Ort Piana degli Albanesi wurde 1488 gegründet und hieß bis 1941 aufgrund des byzantinischen Kirchenritus offiziell Piana dei Greci (Ebene der Griechen).
Heute trägt die Stadt den offiziellen Namen Piana degli Albanesi, gemeinhin auch Hora e Arbëreshëvet (Stadt der Albaner) genannt. Zwischen 1944 und 1945 wurde Piana degli Albanesi für fünfzig Tage zu einer unabhängigen Volksrepublik.

Baglio di Pianetto verfolgt mit seinem biodynamischen Anbau ein nachhaltiges Konzept – der rote Faden dieser Pressereise.
Angesichts des Klimawandels und der damit verbundenen Herausforderungen für die Landwirtschaft ist das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Suchte man früher in Baglio di Pianetto nach vinologischen Zitaten hochklassiger internationaler Lagen, so besann man sich in den letzten Jahren und verfolgt nun ein anderes Konzept
Das sizilianische Terroir wird abgebildet – die Voraussetzungen dafür könnten nicht besser sein.



Ausgebaut werden Grillo, Insolia, Viognier, Syrah und natürlich Nero d’Avola.
Viafrancia ist die Signatur-Linie des Weinguts.
Die Lagen liegen in einem hügeligen Amphitheater, das die Gebiete Santa Cristina Gela und Piana degli Albanesi einschließt. Der Boden ist lehmig und mineralstoffreich. Das Klima wird von großen Temperaturunterschieden geprägt. So entsteht ein Wein mit einer sehr charakteristischen Aroma-Linie.
Gegründet wurde das Weingut übrigens in den 1940er Jahren durch Graf Paolo Marzotto, mit Leidenschaft und Liebe wurden schon bald Weine ausgezeichneter Qualität vinifiziert.

Die Köpfe hinter dem Weingut
Grégoire Desforgers gehört zur dritten Generation der Familie Marzotto, die seit vielen Jahren die Verantwortung für die Entwicklung des Weinguts übernimmt.
2023 gewann man Dante Bonacina für das Weingut. Ein Weinexperte mit internationaler Reputation, bekannt vor allem durch seine italienischen Champagner, die er lange Jahre für die Kellerei Ca’ del Bosco in der Lombardei produzierte.
Die Önologin Graziana Grassini macht das Trio perfekt. Die toskanische Unternehmerin, Önologin und Biologin gilt als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der önologischen Szene und sorgt dafür, dass nur beste Qualität abgefüllt wird.
Der natürliche Weinkeller
In Baglio di Pianetto kämpft man nicht gegen die Natur, sondern nutzt sie!
Die Lage am Berg bietet sich dafür an.
Ein großer Teil der Anlage liegt unter der Erde, dort, wo das Gestein die Temperatur auf natürliche Weise stabil hält. Die kühlen Felswände schützen Gärkeller, Fasslager und Reifekammern vor der Hitze des Tages.
Die Degustation
Man präsentierte uns ein gut durchdachtes Panorama der Weine des Baglio. Durch die Bank sehr gute Editionen.
Besonders beeindruckt hat mich hier der Insolia.
Zitrusnoten und florale Akzente sind harmonisch ausbalanciert. Das Bouquet wird außerdem getragen durch Anklänge von Rosa Grapefruit, grünem Apfel und Kurkuma. Die elegante Mineralität zeugt von der Lage der Reben auf 700 Metern ü. d. M. Der Ausbau erfolgt auch hier wieder biodynamisch.
Ausgezeichnet!
Die Tenuta Rapitalà




ie Tenuta Rapitalà gehört zu den bekanntesten Namen in der sizilianischen Weinlandschaft und darf auf dieser Pressereise nicht fehlen.
Betritt man den außerordentlich elegant gestalteten Patio, so wähnt man sich auf einmal in Mexiko. Das große Eingangstor öffnet den Blick auf die herrliche Berglandschaft, beeindruckend!
Der feste Lehmboden in der Gegend bindet die Feuchtigkeit und sorgt dafür, dass die Wurzeln stets ausreichend mit Wasser versorgt sind.
Gepflegt wird ein französischer Style mit sizilianischen Klängen.

Zum Beispiel der Nadir ein Signatur-Wein der Tenuta, ein Syrah Sicilia DOC.
Intensives rubinrot mit purpurnen, damastfarbenen Reflexen. In der Nase zeigt sich ein durchdringendes Aroma mit der für diese Rebsorte typischen reifen Frucht und Würze, ergänzt durch verführerische Vanillenoten. Am Gaumen wirkt der Wein voll, zugleich jedoch fein, mit weichen, eleganten Tanninen – ein harmonisches Zusammenspiel aus der charakteristischen Tiefe des Syrah und der Einzigartigkeit dieses außergewöhnlichen Terroirs.
Die Weine der Tenuta Rapitalà sind durchkomponiert, anders lässt es sich nicht beschreiben.
Die Lese für diesen Syrah erfolgt im September, wenn die Trauben ihre ideale Reife erreicht haben. Zunächst findet eine sechstägige kalte Vormaischung statt, gefolgt von der traditionellen Maischegärung bei kontrollierten 25 °C. Diese Verfahren ermöglichen eine optimale Extraktion der Aromen sowie der weichen, gaumenfreundlichen Tannine.
Ein Teil des Weins durchläuft den biologischen Säureabbau in neuen, mittelstark getoasteten Barriques. Nach einigen Monaten Reifung wird er dem übrigen Wein zugesetzt, der anschließend ein weiteres Jahr bei kontrollierter Temperatur im Edelstahl lagert.
Das Ergebnis ist ein duftiger, frischer und fruchtbetonter Wein, der die Struktur und Kraft bewahrt, die für Syrah im warmen Klima Siziliens typisch sind.
Mit 14% Alkoholgehalt eher ein Wein für den Abend, als Begleiter zu einem guten Geflügel zum Beispiel.
Wer auf Weine mit französischem Touch steht, der ist mit einem Tropfen der Tenuta Rapitalà sehr gut unterwegs. Auch der Aspekt der Nachhaltigkeit kommt dort nicht zu kurz!
Ein Dinner mit den Produzenten



Ein Dinner mit den Produzenten gehört selbstverständlich zum Programm, weil man unmittelbar die Stimme der Winzer zu Gehör bekommt.
Wir treffen uns in der Osteria Ballarò, einer perfekten Location für ein solches Event, mitten in der Altstadt Palermos. Mein Tischnachbar ist der Chefredakteur des traditionsreichen spanischen Weinmagazins La Semana Vitivinícola, Vicent Escamilla. Gemeinsam probieren wir die Weine, die uns von den Produzenten oder den PR-Managern der Weingüter präsentiert werden.
Sehr gut gefällt mir der Catarratto von del Grillo, einem familiengeführten Weingut.
Die Familie Grillo ist seit drei Generationen in der Landwirtschaft tätig und setzt dabei konsequent auf biologische Methoden. Ein großer Teil ihrer Flächen ist mit Weinbergen bepflanzt, in denen ausschließlich autochthone Rebsorten kultiviert werden. Weitere Bereiche des Guts sind den Olivenhainen der Sorten Nocellara del Belìce und Cerasuola vorbehalten; ein ausgedehntes Areal dient als Obstgarten. Ein kleiner Teil des Betriebs wird zudem für den Anbau von Hartweizen genutzt.
Gemeinsam mit Vicente und den Produzenten, probieren wir die Weine nach meiner musikalischen Methode.
Der Catarratto von del Grillo erinnert mich sofort an den 3. Satz des Violinkonzerts e-Moll, op. 64, von Felix Mendelssohn, reine Lebensfreude! Das Werk ist ein Liebling des Publikums wie der Virtuosen.
Vicent lässt es sich nicht nehmen, seinerseits einen Nero musikalisch zu betrachten, nach kurzer Überlegung reicht er mir sein Glas mit den Worten “das ist ein Bossa Nova” weiter. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Eine gute Pressereise. Im Zentrum unserer Betrachtung steht der nachhaltige Weinbau, der hier beispielhaft vorangetrieben wird. Einen guten Wein bekommt man dort.
Sizilien ist in der biodynamischen Landwirtschaft und im Weinbau führend in Italien; die Botschaft lautet: Nachhaltigkeit und Respekt vor der Natur.
Das funktioniert zum einen, weil die autochthonen Rebsorten dafür geeignet sind, und zum anderen, weil große Herausforderungen gemeinsam angepackt werden.
Hochinteressant ist das Preis-Leistungs-Verhältnis. Für einen guten Sicilia-DOC-Wein muss man sich nicht ruinieren. Das ist sympathisch und zeigt, wie tief die Weinkultur auf Sizilien gesellschaftlich verankert ist.
Begleitet wurde die Reise von hochkarätigen Experten, was insbesondere die Masterclasses sehr wertvoll macht. Der wissenschaftliche Ansatz war stets zu spüren, ohne den freundlichen sizilianischen Charakter zu übermalen.
In mir jedenfalls hat der Wein auf dieser schönen Insel die Neugier geweckt – es gibt noch viel zu entdecken.
BONUS: Hilary Hahn spielt für Sie den 3. Satz aus Felix Mendelssohns Violinkonzert e-Moll op. 64
Alle Fotografien in diesem Bericht stammen von Mathias Guthmann.
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