Roman Aster
Frühlings-Dessert
Erfrischende Komponenten zeichnen das Dessert von Roman Aster aus. Erbse, Sauerampfer, gefrorene Haselnussmilch und grüner Apfel, im Zusammenspiel wirken die Elemente sehr natürlich. Wird die Erbse üblicherweise dem herzhaften Teil des Essens zugeordnet, so fügt sie sich hier mit dem Apfel und dem Sauerampfer zu einer trefflichen Dessert- Komposition. Ich finde, Aster bringt seine Zutaten feinfühlig auf den Teller! Die Säure wird vorsichtig eingesetzt, ist aber trotzdem präsent ohne zu überzeichnen, sie unterstreicht mit leichter Feder die Ambitionen der gefrorenen Haselnussmilch. Der Teller ist luftig-frühlingshaft, unwillkürlich denke ich an „La Genouillère“ von Auguste Renoir. Die frischen, auch sensorisch interessanten Elemente, wirken ausgelassen und einladend. Das gibt der Komposition recht, für mich auch ein sehr gutes Entremet.
[hr]
Tatsuya Shimizu
Sakura
Die Kirschblüte symbolisiert in Japan Schönheit, Aufbruch und Vergänglichkeit. Der junge Tatsuya Shimizu versteht es in seinem Signature Dessert diesen poetischen Anspruch umzusetzen. Ein vermeintlich enges Aromenspektrum wird meisterhaft verwirklicht, dabei ist es weder eindimensional noch reduziert. Die Komposition ist technisch anspruchsvoll, Shimizu zieht alle Register, um seine konkrete Vorstellung umzusetzen. Ein Kirsch-Gelée Donut schließt Freundschaft mit einem Kirsch-Sorbet. Crumble von der Azuki Bohne und Mochi Reis setzen feine Akzente, das Dessert lehnt sich natürlich an die japanische Tradition an, ist aber trotzdem modern. Ein Ballon aus Reispapier wird eingefärbt und mit einer Kirsch-Creme gefüllt, es ergeben sich interessante Texturen. Der Grundakkord ist Kirsche, darüber setzt Tatsuya verspielte Diskant-Aromen, dramaturgisch durchdacht. Das Dessert ist ein verdammt guter Gaumenschmeichler!
[hr]
Enrico Christ
Pre-Dessert
Der Patissier des Jahres 2015 serviert uns eine Opera Buffa mit folgender Besetzung:
Sopran: Zitronenthymian
Bass: Pumpernickel
Chor und Orchester: Sauerrahm und Cranberry
Das ist ein gut gelungenes Konzept-Dessert. Ich freue mich immer, wenn mir so ein intellektuelles Ding auf den Teller geknallt wird, hier wird der Gaumen nicht nur durch die aromatische Wirkung erfreut, sondern darf direkt an den Gedankengängen des Erfinders teilnehmen. Laut Programm steht da das Wort „Simplizität“, mir ist das zu reduziert, Enrico hat schon eine genaue Vorstellung von dem was er macht. Die erdigen Noten passen sehr gut zum Zitronenthymian, milchige Töne erzeugen so eine Art „Grundrauschen“. Eine sehr mutige Komposition, selbstbewusst und rücksichtslos. Muss denn alles Harmonie sein? Das Pre-Dessert ist alles andere als glatt, es groovt von Anfang bis Ende und wenn ich so etwas rausschmecke, dann muss es gut sein!