Fakten und Zahlen
Uwe Warnecke ist ein versierter Sommelier mit hervorragenden Kenntnissen, er hat vor sechs Jahren die véritable initiiert. Ursprünglich fand das Event in 2 Räumlichkeiten statt, damals waren es 250 Besucher. Heuer verteilen sich 600 Besucher auf 5 ausladende Räumlichkeiten im Aloisiushof. Die Kapazität ist ausgeschöpft, meiner Meinung nach ist das aber in Ordnung, Qualität geht schließlich vor Quantität.
92 Winzer aus verschiedensten Ländern präsentierten sich und ihre Produkte, eine Hausnummer!
Der Aloisiushof
…wird familiär und professionell von Michael -, Bernhard -, und Philipp Kiefer geleitet, die drei haben sich ganz und gar ihrem Weine verschrieben. Philipp steckt sein Wissen, sein Können und sein Herz besonders in die Ambrosia-Linie (2 Rote Trauben Gault Millau). Der St. Martiner Baron Chardonnay Ambrosia trocken Barrique ist ein rassiger Wein der vom ersten bis zum letzten Schluck zu überzeugen weiß.
Der Aloisiushof liegt mitten in St. Martin, von den unmittelbar angrenzenden Weinbergen darf man den Blick auf den idyllischen Ort und die Landschaft genießen. Die Böden in der Gegend ermöglichen ein facettenreiches Portfolio, sie reichen von lehmigen Untergründen über kalkhaltige Lagen bis hin zum Buntsandstein. Seit 1950 bewirtschaftet die Familie Kiefer das Weingut, das Ambiente ist elegant, die alten Räume strahlen eine wunderbare warme Atmosphäre aus. Es macht einfach Spaß, die köstlichen Weine, einen nach dem anderen zu degustieren, sensorisch zu zerlegen.
Die Winzer
…kommen püntklich zur véritable, um internationale Spitzenweine vorzustellen.
Jeder (Spitzen) Wein entsteht zunächst in der Vorstellung des Winzers, inwieweit die sensorischen Ergebnisse zumindest teilweise Zufallsprodukte sind, ist schwer zu sagen. Jeder Winzer hat aber seinen “Masterplan”. Dabei ist es völlig gleich, ob es ein junger wilder Winzer mit neuen Ideen ist, oder ein Traditionshaus, das schon seit Jahrhunderten Weinbau betreibt.
Degustation
Bei großen Weinproben kommt zunächst ein sensorisches “Reset”. Im Geiste lege ich alles Wissen zur Seite, und konzentriere mich auf die reine Degustation. Textur, Sensorik, Aroma, diese Elemente der geschmacklichen Analyse lassen sich am besten ganz vorurteilsfrei beschreiben. Selbstverständlich greift der Sommelier, der vielleicht schon Tausende von Weinen probiert hat, auf ein sehr breites Spektrum zurück, das ist hilfreich, gerade wenn es zum Beispiel um Jahrgänge geht.
Man darf getrost den erweiterten Kunstbegriff von Joseph Beuys anwenden: Alles ist Kunst, daraus folgern wir: Alles ist Geschmack! Was ich damit sagen will? Die Weinkultur ist einfacher zugänglich als uns oft vorgemacht wird, wir müssen sie nur in einer Form leben, die nicht besserwisserisch erscheint, sondern viel mehr eine lebendige Annäherung an das Thema ist.
Das soll aber natürlich kein Freibrief für Kritiken oder Analysen sein, die eine auf eine rein subjektive Betrachtung bauen. Wissenschaft geht vor, deswegen: Attack, Plateau, Decay und Sustain (Jürgen Dollase).
Der Mácula 2006 wird im perfekten Verhältnis von Merlot und Cabernet Sauvignon (60%-40%) ausgeschenkt. Der Wein hat Tiefgang, zunächst überraschende Textur im Gaumen, sehr vielschichtig, ein stolzer spanischer Gruß, fließt dann aber sanft über die Zunge. Sehr stilsicher, kraftvoll, elegant. Seidige Tannine, Bordeaux-Farbe. Sehr intelligente Komposition, möchte man mehr davon.
Weingut Aloisius Kiefer
Degustiert habe ich den 2015 Sauvignon Blanc fumé »Ambrosia«, dieser Wein ist eine Wucht, ein pures Vergnügen. Überrascht mit ganz fruchtigen Noten, ich schmecke Stachelbeere, Mirabelle und Koriander heraus, oder bin ich jetzt schon total verrückt geworden?
Leicht erdige Fülle im Gaumen.
Die holzigen Töne sind sehr gut integriert, als hätte die Traube nur darauf gewartet, endlich Freundschaft mit dem Fass zu schließen. Ganz cremige Textur, ein toller Wein. Ich persönlich werde diesen Tropfen gut gekühlt “einfach so” trinken.
Burgund, Michel Gros
Degustiert wurde der 2011 Bourgogne Hautes-Côtes-de-Nuits , ein sehr guter Hautes-Côtes.
Traumwandlerische Balance, sehr samtig. Ausdrucksstark, ganz leichte Holznote, ein Fest.
Frische Akzente, dunkle Zwetschgen-Note, ein beeindruckender Wein.
Veilchenduft über den Burgunder-Reben, voller Körper, seidige Säure.
Kein Zweifel, ein feinsinniger Wein von zeitloser Eleganz.
Im Herzen der Champagne liegt die kleine Ortschaft Mareuil-sur-Aÿ, dort wird seit 1818 der wunderbare Brillecart-Salmon produziert.
Das Portfolio umfasst den BRUT ROSÉ den BRUT RÉSERVE, den BLANC DE BLANCS GRAND CRU den EXTRA BRUT, den BRUT SOUS BOIS und den DEMI-SEC.
Brillecart-Salmon, Blanc de Blancs Grand Cru
Schon im Auge ein schönes Schauspiel. Funkelnder Glanz, sanfte Goldfarbe.
Kommt durch die Nase wie ein Wiener Walzer, leichtfüßig, charmant, im Schlepptau frische Mandeln, Trockenfrüchte und Nüsse.
Schwingt im 3/4 Takt durch den Gaumen, feine Bläschen, sanft, frisch und elegant, herrliche Musik.
Eine echte Empfehlung.
Gute Stimmung auch im Andreashof, man unterhält sich bei einem gepflegten Glas Wasser.
Weingut Maximin Grünhaus
Zunächst etwas zu diesem berühmten Weingut. Es zählt zu den traditionsreichsten Gütern der Welt, die Geschichte reicht über eintausend Jahre zurück, bis in die ottonische Zeit. Lange Zeit war es im Besitz der Benediktinerabtei Sankt Maximin in Trier. In napoleonischer Zeit wurde das Weingut säkularisiert. Es würde zu weit gehen, in diesem Artikel die lange und glanzvolle Geschichte des Guts auszuführen. Der Wandel zu einem der modernsten Betriebe im 19. Jahrhundert unter Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg Grünhaus ist zu erwähnen, es wurden für damalige Verhältnisse hochmoderne Technologien eingesetzt, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Heute wird das Gut in der 5. und 6. Generation von Dr. Carl von Schubert und seinem Sohn Maximin von Schubert bewirtschaftet.
2015 Maximin Grünhäuser Herrenberg Riesling Superior
Schon das Etikett ist eine Augenweide, Weinkultur pur! Der Wein ist ganz klar ein Paradewein, ohne Wenn und Aber. Kann man einen schönen Traum in einer Flasche einfangen? Dieser Riesling beweist es!
Betörender Duft, fleurale Noten. Terroir verbindet sich mit einer Sinfonie aus Süße und Säure. Der Tropfen ist feinst strukturiert, ganz leichtes Salz, perfekte Mineralität. Jeder Schluck ein Erlebnis.
2014 Robert Mondavi Private Selection Zinfandel
Auch das Nappa Valley ist vertreten. Die 2014er Private Selection Zinfandel überzeugt.
Ganz dunkle Kirschfarbe, Aromen von dunklen Früchten, ein klein wenig Pfeffer. Ein klasse Wein, den ich zu Gegrilltem oder Lamm empfehlen würde.
Vignobles Comtes von Neipperg
Heuer im Portfolio: 2013 Clos Marsalette Rouge, 2012 Château d’Aiguille, 2013 Clos de l’Oratoire, 2008 Château Canon La Gaffelière, 2006 La Mondotte.
Probiert habe ich unter anderem den 2013 Clos Marsalette Rouge (Péssac-Leognan).
Ein kurzes Gespräch mit dem Graf ergab, dass er mit diesem Wein zeigen wollte, wie man auch den schwierigen Jahrgang 2013 durchaus qualitätsvoll ausbauen kann. Der Clos Marsalette gefällt mir persönlich sehr gut. Ein sehr charmanter Wein, mit ausgewogenen Tanninen, wunderschönes Rubin. Liegt nicht zu schwer auf der Zunge. Ein Klasse-Wein!
Noch eine Stufe höher liegt aber der 2006 La Mondotte (St. Emilion, Grand Cru). Wunderbarer Bordeaux, lang anhaltend, raffinierte, dunkle Aromen, leichte Trüffel-Note. Ganz klar ein großer Wein. Ich freue mich jetzt schon, wenn vielleicht einmal ein weißer Péssac-Leognan auf dem Programm steht.
Die Winzer auf der véritable stellen ausnahmslos ihre besten Weine vor. Dahinter steckt großes Können und Liebe zum Detail, oft schmeckt man die Verbundenheit mit dem Terroir direkt heraus. Die Poesie liegt darin, im Weine ein Abbild der Landschaft zu erschaffen. Die Symbiose des Winzers mit seinem Weinberg begeistert mich immer wieder von Neuem. Die Kunst liegt darin, genau das herauszulesen, was uns die Erde zu sagen versucht. Zuletzt dürfen wir dann den Wein mit all seinen sensorischen Akkorden trinken, und stets erzählt er uns eine neue, spannende Geschichte.
Mathias Guthmann, für Grandgourmand