Boris Rommel
Kochen ist Leben
Zwischen Kunst und Handwerk
Die Sterneküche ist eine komplizierte Angelegenheit. Wer sich nicht damit beschäftigt, hat oftmals den Eindruck, es würde sich um eine Geheimwissenschaft handeln. Die Hochküche ist aber vielmehr eine Kunstform, die aus der Gastronomie nicht wegzudenken ist, innovativ und klassisch, abstrakt und konkret, modern und traditionell.
Auch wenn mit Publikationen nicht gegeizt wird: Oft bleiben die Kreationen der Koch-Superstars dem Amateur verschlossen, entweder gibt es technische Hürden, vielleicht fehlt das Know-How oder die Zutaten sind exorbitant teuer.
Ein ganz anderes Konzept verfolgt Boris Rommel mit seinem Buch “Kochen ist Leben, Zwischen Kunst und Handwerk”. Der gebürtige Karlsruher ist Küchenchef im Gourmet-Restaurants Le Cerf in Zweiflingen-Friedrichsruhe, gerade wurde er mit dem zweiten Michelin-Stern ausgezeichnet.
Boris Rommel stellt dem Leser in diesem Buch die Gerichte vor, die er schätzt, zeitlose Klassiker, die der Meisterkoch subtil modernisiert. Diese Philosophie entspringt direkt dem Restaurant in Friedrichsruhe, dort serviert man dem Gast eben diese Gerichte: Bitte keine verwirrenden Elemente, bitte keinen überflüssigen Schnickschnack. Oft verwässern diese – grundsätzlich gut gemeinten – zusätzlichen “Aromaeinheiten” (oft in Form von Gels, Espumas oder Crunch-Elementen), die eigentliche Idee und machen dem Gast die sinnliche Wahrnehmung schwer, lenken vom Geschehen ab, stören den Spannungsbogen.
Boris Rommel hat im Laufe seiner noch jungen Karriere viele Stationen absolviert, den Anfang macht die Lehre im renommierten Hotel Erbprinz in Ettlingen, seinerzeit ist Wolfgang Pfeiffer dort Küchenchef, schnell wird er sein Mentor. Rommel begeistert sich mehr und mehr für die gehobene Gastronomie, findet in ihr seine Bestimmung. Es folgen Wanderjahre, Freiburg Colombi-Hotel, Bareiss in Baiersbronn, Bühlerhöhe, schließlich Meisterprüfung und Selbstständigkeit in Heidelberg. Seit 2016 ist Rommel Chefkoch im Le Cerf in Friedrichsruhe.
Der Inhalt des Buches gliedert sich in die Bereiche Vorspeisen, Suppen, Zwischengerichte Hauptgerichte und Desserts. Es gibt außerdem ein 4-Gang-Gourmetmenü bestehend aus einem Carpaccio vom Hohenloher Rind, Gartengurken, Radieschen und Frankfurter Grüne Sauce, danach Steinbuttfilet mit gepickelten Zwiebeln, zweierlei Bete und Kartoffel, gefolgt von einem Kalbsfilet im Tramezzinimantel (auch auf der Restaurant-Karte zu finden), zweierlei Pastinake und Kräuterseitlinge. Den krönenden Abschluss bildet das Grand-Marnier-Soufflé mit Gewürzorangen und Vanille.
Im Anhang versorgt uns der Spitzenkoch mit seinen Grundrezepten, einem Kapitel mit Tipps und Utensilien, sowie sehr nützlichen Erläuterungen zum Thema Anrichten. Auch aus seinen Lieferanten macht Rommel kein Geheimnis, er stellt uns eine kleine Auswahl seiner regionalen Zulieferer vor, Transparenz funktioniert auch in der Sternegastronomie!
Das Kapitel über die Zwischengerichte umfasst zum Beispiel ein Pfifferlingsrisotto mit marinierten Wildkräutern und Schwarzwälder Schinken. Das Gericht ist leicht zu realisieren, deswegen aber nicht weniger charmant. Die Pfifferlinge mit etwas Öl angebraten, mit Salz und Pfeffer würzen, Schalottenwürfel dazugeben, sofort vom Herd nehmen, dadurch bleiben die Pilze schön knackig, nehmen aber ganz sanft das Aroma der Zwiebeln in sich auf, raffiniert! Ein Hoch auf die Entremets.
Die Hauptgerichte bilden zusammen ein Ensemble aus baden-württembergischer, internationaler und französischer Küche. Man findet dort zum Beispiel ein geschmortes Ochsenbäckchen mit Zweierlei vom Knollensellerie und gebackenen Aromaten, oder für den vegetarischen Koch eine gefüllte Zucchini mit Couscous, Granatapfel, Ziegenkäse und Gewürzjoghurt, wunderbar!
Fast schon Kult-Status dürfte der Mäusdorfer Landgockel haben. Er wird mit Toast, Butter, Thymian, Knoblauch, Crème fraîche und Frühlingslauch gefüllt, bis er schließlich seine Bestimmung auf einem herrlichen Champignon-Gemüsebett im Römertopf findet.
Tropische Akzente und schokoladige Noten tauchen auf der Zunge auf, wenn man sich das Rezept für die Cremige Schokoladentarte mit Ananas und Maracujacoulis durchliest. Das Karamellcremeaux wird mit Glucosesirup geschmeidig gemacht, die Ananas wird mit weißem Rum aromatisiert, ein erfrischendes Maracujacoulis erfreut den Gaumen mit eleganter Säure.
Boris Rommel legt uns mit «Kochen ist Leben, Zwischen Kunst und Handwerk», ein herrlich unprätentiöses Werk vor, das uns mit leichter Feder seinen klassisch-französischen Stil vorstellt.
Das Kochbuch ist für alle geschrieben, die eine feine Küche mit einem schönen Schuss Bodenhaftung lieben. Die Kunst einer gelungenen Menükomposition liegt zum guten Teil in der Reduktion auf das Wesentliche, damit beschreiben wir einen Aspekt der kulinarischen Intelligenz.
In seinem Vorwort schreibt einer der Pioniere der Haute Cuisine, Lothar Eiermann:
Man muss, gegen den Mainstream, Friedrichsruhe immer extra aussuchen und anfahren…, und weiter: Um Friedrichsruhe langfristig zu führen, braucht es einen kreativen, intelligenten, aber eben auch bodenständigen Könner.
Der Verlag Heilbronner Stimme GmbH hat mit diesem Buch ausgezeichnete Arbeit geleistet. Die plastischen Fotos von Andreas Veigel heben die Gerichte elegant hervor, wirken natürlich, eine hervorragende, ganz leichte Inszenierung.
Gebundene Ausgabe: 200 Seiten
Verlag: Heilbronner Stimme; Auflage: November 2018 (9. November 2018)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 392192345X
ISBN-13: 978-392192345