Dekontextualisierung, Ironie, Spektakel und Performance sind völlig legal, solange sie nicht
oberflächlich sind, sondern auf eine gastronomische Reflexion antworten oder sich mit ihr
verbinden. Ferran Adrià
MG: Ein intellektuelles Konzept muss eine Metamorphose durchleben um beim Empfänger Gefühle
auszulösen. Haben Sie eine Methode, mit der Sie Gedanken zu Empfindungen formen?
CB: Ich betrachte das gesamtheitlich. Jeder Mitarbeiter, der bei uns anfängt, lernt schon beim Vorstellungsgespräch unsere beiden Credos kennen:
- Do things with passion or not at all
- Wir wollen mit unserer Arbeit Menschen glücklich machen
Das erste Credo deutet auf das Handwerk, mach es richtig, oder lass es sein! Wir haben ein hohes Qualitätsbewusstsein. Aus schlechten Dingen kannst du keine guten Dinge machen, auf der anderen
Seite kannst du ohne entsprechendes Handwerk aus guten Dingen ganz schlechte Dinge machen.
Das zweite Credo bezieht sich natürlich besonders auf die Mitarbeiter im Service. Dabei geht es aber nicht um konkrete Vorgänge oder um irgendeinen allgemeinen Hokuspokus. Die Gesamtheit muss stimmen, von der Reservierung mit einem ordentlichen Bestätigungsschreiben, bis zur Begrüßung im Restaurant. Wir wollen von Beginn an eine herzliche, persönliche, fast schon familiäre Atmosphäre schaffen. Neben dem guten Essen muss eine Serviceatmosphäre gepflegt
werden, die nicht überkandidelt ist, bei allem „casual“ müssen natürlich die Regeln eingehalten werden.
Von der ersten Minute an, soll sich der Gast bei uns wohlfühlen, Kreativität spielt da sicher eine Rolle, die Gesamtheit steht bei mir aber darüber.
MG: Notieren Sie Ihre Ideen auf Papier?
CB: Selten. Wenn ein Teller perfekt ist wird er rezeptiert, aber nicht als Gericht. Wir rezeptieren die einzelnen Komponenten wie Saucen, Beilagen oder bestimmte Zubereitungen.
Diese Rezepturen werden in der Datenbank gespeichert.
Oft ist es dann so, dass man sich ein halbes Jahr später so ein Rezept greift und es für ein anderes Gericht verwendet.
Eine Purple Curry Sauce zum Beispiel, ursprünglich wurde sie für ein
Taubengericht im Frühjahr konzipiert, sie passt aber genau so gut zu einem Rehgericht im September. Ich rezeptiere die Bausteine, wenn das Gericht perfekt ist.
Jeder Mensch funktioniert natürlich anders, ich kenne Kollegen, die stets ihr Buch dabei haben um ihre Ideen jederzeit zu notieren. Ich bin eher bauchgesteuert, das kann, wenn man unseren Erfolg betrachtet, nicht so falsch sein.