Niemand wird dieses Buch mit der Absicht in die Hand nehmen ein nettes Sonntagsgericht auf den Tisch zu zaubern, obwohl die Rezepte vorhanden sind, genau so wenig wird niemand Heston’s Restaurant in Bray aufsuchen, um sich dort satt zu essen.
Viel mehr ist das Werk ein radiografischer Spaziergang durch den Ideen-Wald des Avantgarde-Kochs. Man muss weder ein Freund der molekularen Küche sein, oder ein Speichellecker der modernistischen High-End Methoden in den In-Küchen der Luxus-Restaurants, um dieses Buch zu lieben oder zumindest hochinteressant zu finden.
Zu Anfang steht der autobiografische Teil, glänzend illustriert durch Dave Mc Kean, die Zeichnungen verleihen dem Buch jene Tiefe die uns beim Lesen die Ideen und Gedanken plastisch in den Raum stellen. Auch das erste Tasting Menu 2000 wird beschrieben:
GREEN TEA AND LIME SOUR
JELLIED CONSOMMÉ OF PIGEON
Pea purée and langoustine cream
CRAB RISOTTO
Red pepper cassonade, crab ice cream and passion fruit jelly</p>
BALLOTINE OF FOIE GRAS, SMOKED EEL AND JASMINE
Jelly of mead and Szechuan peppercorn
SADDLE OF LAMB COOKED AT LOW TEMPERATURE
Lamb tongue, garlic and coffee dentelle, onion purée
MILLEFEUILLE OF PAIN D’EPICES
Pineapple and chilli jelly
PETITS FOURS
Crystallised peppers; beetroot jelly;
chocolate infused with pipe tobacco; caramel infused with bacon
Es folgt der Teil mit den Rezepten, alle höchst kompliziert, teilweise mit Unterrezepten, kompromisslos. Blumenthal hat die Zubereitungen genau so dokumentiert, wie sie in seinem Restaurant praktiziert werden. Um zu verhindern, dass die fragilen Kompositionen in sich zusammen fallen, werden keine Vereinfachungen zugelassen. Blumenthal bedient sich seiner Kindheitserinnerungen indem er versucht Aromen in die hoch-technisierte Küche zu transportieren, die als Jugendzitate in den neuen Kreationen weiterleben sollen. Die Rezepte sind nicht leicht zu lesen, teilweise erweitert mit Unterrezepten und Zutaten, an die sich ein einfacher Koch erst einmal gewöhnen muss, natürlich auch mit Ingredienzien die untrennbar mit der molekularen Küche verbunden sind, zum Beispiel Transglutaminase und Lezithin.
Eines seiner berühmtesten Rezepte ist “Sound of the Sea” mit Austern, Ponzu, Wakame (und vielen weiteren Zutaten), dem Gast wird das Gericht zusammen mit einem Ipod serviert, ein Meeresrauschen verstärkt die sinnlichen Eindrücke. Persönlich meine ich hier eine ausgeprägte poetische Inspiration herauszulesen, ein Gegenpart zur kühlen Wissenschaftlichkeit der Produktion.
Schließlich gibt es einen technischen Teil, mit der Beschreibung von Gerätschaften, Zusätzen, Chemischer Verbindungen und Zutaten, ohne die die Molekulare Küche auf diesem Niveau nicht möglich wäre. Viele Leser werden das Buch studieren, und vielleicht zum ersten Mal feststellen, wie weit doch der Horizont des kreativen Kochens gehen kann. Viele Profi-Köche werden sich inspirieren lassen, die Technik genauestens analysieren und vielleicht in ihre eigenen Portfolios aufnehmen. Das Buch darf inzwischen getrost als Klassiker bezeichnet werden, trotzdem, oder gerade deswegen wollte ich ‘The Fat Duck Cookbook’ wenigstens in Ansätzen den Lesern des Blogs einmal nahebringen. Auch für uns “normale” Köche ist das Lesen des Rezepts für das legendäre “Snail Porridge’ ein unvergleichliches Vergnügen.
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